Gender-Nonkonformität

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Gender-nonkonforme Menschen entsprechen äusserlich nicht den gesellschaftlichen Normen in Bezug auf Geschlechtlichkeit. Diese Normen sind aber sehr gebunden an Zeit und Ort. Sie sind auch asymmetrisch verteilt auf Geschlechter. Entscheidend ist dabei als welches Geschlecht eine Person «gelesen» wird (sog. Gender-Attribution).

(Photo: The Gender Spectrum Collection, Zackary Drucker)

Gewisse Gender-nonkonforme Menschen bemühen sich aktiv um Expansion, weil sie sich diesen Regeln nicht unterordnen wollen oder weil es Teil ihrer Identität ist. Es gibt aber auch Menschen, die nicht freiwillig ein gender-nonkonformes Äusseres haben. Ein nonkonformer Geschlechtsausdruck kann also mit den anderen Dimensionen von Geschlecht verknüpft oder eben auch total unabhängig davon sein (siehe Grundlagen).

Ein nicht der Norm entsprechender Geschlechtsausdruck führt – je nach Kontext – öfter zu diskriminierenden Reaktionen als die anderen Dimensionen von Geschlecht. Zum Beispiel werden schwule Männer meist nicht eigentlich wegen ihrer Homosexualität angegriffen, sondern wegen Femininität in ihrem Ausdruck.

Gender-Konformität im Wandel der Zeit

Was als Gender-nonkonform gilt ist extrem abhängig vom Zeitgeist. Die Regeln für einen «korrekten» Geschlechtsausdruck sind massivem Wandel ausgesetzt. High Heels sind historisch eine Erfindung von Männern für Männer (Qiio Magazin, 7.4.2020). Vor der französischen Revolution war es für Männer in gewissen Kreisen wichtig High-heels, Nagellack, Lippenstift, Perücken etc. zu tragen und das waren nicht etwa die gesellschaftlichen Aussenseiter. Bis in die 1940er Jahre war noch Rosa die Farbe der kleinen Jungs, weil das «kleine Rot» für Männlichkeit stand (Artikel WELT, 21.4.2011).

Asymmetrische Regeln

Interessant ist, dass die Grenzen für einen akzeptierten Geschlechtsausdruck für «männlich» gelesene Menschen sehr viel enger verlaufen als für Menschen, die als «weiblich» wahrgenommen werden. Eine Frau im «Herrenanzug» wird als sexy gesehen und ein Mann im Kleid als Witz.

Verschiedene «Gender Bender»

Es gibt ganz unterschiedliche Gruppen von Menschen, die aus verschiedenen Gründen – unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität – Normen zum Geschlechtsausdruck in Frage stellen. Diese werden oft auch «Gender Bender» genannt (Wikipedia Eintrag [ENG]). Sie können politisch motiviert (z.B. Genderaktivist*innen) oder künstlerisch inspiriert (z.B. Drag Queens/Kings) sein. Aber sie verstehen sich in der Regel nicht als non-binär oder trans.

Einige Begriffe sind:

Crossdresser: Sie fühlen sich als das zugeschriebene Geschlecht (d.h. sie sind nicht transident) aber kleiden sich aus unterschiedlichen Gründen zwischenzeitlich als das «andere Geschlecht» (Wikipedia Eintrag). Der veraltete Begriff für Crossdresser ist «Transvestiten».

Drag Queens/Kings: In vielen Fällen kleiden sie sich als das «andere Geschlecht», um so aufzutreten oder Party zu machen. Mit Sendungen wie der US-Reality-Show RuPaul’s Drag Race (Wikipedia Eintrag) ist Drag in den letzten Jahren auch im Mainstream sehr populär geworden. Wie die Crossdresser sind auch sie meist nicht transident. Der Begriff «Drag-Quings» kommt von einer Kombination der Wörter Queen und King.

Tomboy (Wildfang): Ein Mädchen oder eine Frau, die Charakteristiken oder Verhalten zeigt, wie sie sonst für Jungen/Männer als typisch angesehen werden (Wikipedia Eintrag).

Metrosexuell: Heterosexuelle Männer die so viel Wert auf ihr Äusseres legen, dass sie damit aus dem gängigen maskulinen Rollenbild fallen, nennen sich manchmal metrosexuell (Wikipedia Eintrag). Der Begriff ist eine Kombination aus «metropolitan» und «heterosexual».

Begriffe Gender-kreativ oder Gender-expansiv

Gender-kreativ oder Gender-expansiv sind Begriffe für Menschen, die für sich die in einer Kultur verbreiteten Erwartungen bezüglich Geschlecht erweitern (bezüglich Gender-Präsentation, -Identitäten, -Rollen oder -Normen). Diese Menschen können sich als trans und/oder non-binär sehen oder auch nicht. Oft werden diese Begriffe für Kinder verwendet, die Verhalten zeigen welches ausserhalb von Gender-Stereotypen liegt – die Kinder sich dabei aber nicht als trans identifizieren.

Gender-nonkonforme trans Frauen oder trans Männer

Trans Menschen mit einer «binären Geschlechtsidentität» können das Bedürfnis haben sichtbar zu machen, dass sie trans sind. Dafür können sie einen gender-nonkonformen Ausdruck wählen. So jemand würde sich dann wohl bewusst auch nicht als «Frau» oder «Mann» definieren sondern explizit als trans Frau (auch MTF – male to female) oder trans Mann (auch FTM – female to male).

Gender-nonkonforme nicht-binäre Menschen

Wie in den Grundlagen betont ändert das Aussehen einer non-binären Person nichts an ihrer Non-Binarität. Auf der anderen Seite erhöht ein gender-nonkonformes Aussehen (in Bezug auf die binären Geschlechter) aber die Chancen als non-binär gelesen zu werden. Es kann aber auch innerhalb von non-binären Communities ein Druck entstehen, sich «gender-nonkonform» präsentieren zu müssen, um akzeptiert zu sein.

Weitere Quellen


Text von: Chri Hübscher
Erste Veröffentlichung: 23.7.2021 | Letztes Update: 22.5.2022