Design & Architektur und non-binäres Geschlecht

In Design und Architektur gibt es verschieden Aspekte zu berücksichtigen, wenn wir non-binäre Menschen inkludieren wollen – in den Bereichen User Experience Design, Signaletik Architektur etc.

Die Binarität unserer Gesellschaft spiegelt sich stark in unseren Gebäuden, Online Plattformen, Beschriftungen etc. wider. Deshalb können Fachpersonen in Architektur und den verschiedenen Designdisziplinen viel dazu beitragen, der Diskriminierung non-binärer Personen entgegenzuwirken.

User Experience Design

Ein paar zentrale Punkte aus Sicht User Experience Design (mehr in der Vertiefung):

Aspekte von Geschlecht: Anrede, Geschlechtsidentität, Pronomen etc. sind Aspekte von Geschlecht, die alle unabhängig voneinander sind, mehr als zwei Ausprägungen haben und sich auch ändern können.

Non-binäre Menschen wollen nicht als Frau oder Mann bezeichnet werden oder von Systemen und Mitarbeitenden in diese Rollen gedrängt werden – weder von Formularen, Texten etc.

In Systemen Diskriminierung vermeiden – kein …

  • Misgendering: einer (non-binären) Person ein Geschlecht zuschreiben, mit der sie sich nicht identifiziert (falsche Pronomen, Anrede etc.)
  • Deadnaming: Benutzen eines nicht mehr verwendeten (Geburts-) Namens
  • Outing: über Personen wird unfreiwillig bekannt, dass sie non-binär, trans, bisexuell etc. sind

Ein paar UX Erfolgskriterien:

  • Nicht-binäre Optionen für Eingabe von Geschlecht und verwandte Aspekte
  • Geschlecht (unabhängig von amtlichen Register-Daten) möglichst unkompliziert eingeben und ändern können
  • Die unterschiedlichen Aspekte von Geschlecht je nach Bedarf so differenziert wie möglich eingeben zu können aber nicht eingeben zu müssen
  • Beeinflussen zu können, ob Informationen zum eigenen Geschlecht im System anderen angezeigt werden oder nicht
  • Diverse und inklusive Gestaltung:
    • Fotos, Illustrationen und Grafiken jenseits der Binarität
    • Inklusive Sprache
  • Diverser Content (z.B. Beiträge über non-binäre Personen auf Websites)

Formulare: In den meisten Systemen ist lediglich die Anrede von Interesse, die anderen Aspekte von Geschlecht spielen oft keine Rolle. Bei der Anrede ist es eine Best Practice, die Option «neutrale Anrede» hinzuzufügen. Vertiefung zu Formularen

Vertiefung zu User Experience Design >

Texten

Aus der Sicht des Textens ist am wichtigsten zu verstehen, worauf wir im Umgang generell achten sollten (keine Annahmen machen, Geschlechtsidentitäten respektieren etc.). Weiter sind auch die Verwendung inklusiver Sprache (Kommunikation) und Wissen zu Pronomen relevant.

Zu Umgang generell >
Zu Kommunikation >
Zu Genderstern & Co. >
Zu Verwendung von Pronomen >

Typografie

Wenn es um den Einsatz von Zeichen zum Gendern geht, dann ist das auch eine Frage der Typografie. Interessant aus Sicht Typografie sind auch die verschiedenen Symbole rund um non-binäres Geschlecht.

Genderstern & Co.

Für die Inklusion non-binärer Menschen in Texten werden oft Schreibweisen mit Genderstern & Co. verwendet (Student*innen, Student_innen, Student:innen etc.). Aus typografischer Perspektive betrachtet, haben die Sonderzeichen Stern und Unterstrich gewisse Nachteile, weil sie weisse Lücken in den Texten entstehen lassen. Das Satzzeichen Doppelpunkt hat dieses Problem nicht, schneidet dafür aus Sicht Barrierefreiheit nicht so gut ab.

Ein typografischer Zugang für die Verbesserung des Gendersterns bezüglich Ästhetik und Lesbarkeit ist, diesen (statt: Leser*innen) näher zur Schriftlinie zu bringen: Leser*innen (siehe auch Hannah Böker: Geschlechtergerechte Typografie, 2021). Ein anderer Vorschlag aus einer typografischen Perspektive ist der «Gendertrouble-Stern», der maximal stören soll (siehe Typohacks, Witte, 2021).

Mehr zu Genderstern & Co. >

Signaletik

Überall wo wir gegenderte Einrichtungen haben, müssen wir uns zur Signaletik Gedanken machen. Am häufigsten sind WC-Beschriftungen, aber auch Duschen, Umkleiden etc. sind hier relevant.

WC-Beschriftungen

Wenn wir WCs geschlechterneutral beschriften wollen, dann ist es aus non-binärer Perspektive besser, nicht Bezug auf Geschlecht zu nehmen sondern eher die «Infrastruktur» abzubilden wie in der Abbildung unten.

WC Schild (diese und andere Versionen als PDF-Download)

Die bisher üblichen WC-Beschriftungen (Menschlein mit Rock oder Hosen) sind schon in Bezug auf die binären Geschlechter problematisch, weil Kleider nicht wirklich was mit Geschlecht zu tun haben (siehe: Grundlagen). Aber bei non-binärem Geschlecht wird das noch offensichtlicher (Blogbeitrag: Warum hat es im Logo dieser Website das Menschlein mit dem halben Rock?). Zwar gibt es auch abstrakte Symbole für non-binäres Geschlecht, aber deren Verwendung bringt wieder andere Probleme mit sich.

Architektur

Beim Bau und der Einrichtung von gegenderten Räumlichkeiten gibt es einige Dinge zu beachten, wenn wir non-binäre Menschen inkludieren wollen. Eine gute Quelle zu diesem Thema ist Strategies for Universal Washrooms and Change Rooms (hcma, 2018) – weitere siehe unten.

Vertiefungen zu Design & Architektur

Blogbeiträge

Weitere Quellen Design und Architektur


Text von: Evianne Hübscher
Erste Veröffentlichung: 1.2.2023 | Letztes Update: 14.4.2024