Recht und non-binäres Geschlecht

< Non-binäres Geschlecht

In der Schweiz wie auch in vielen anderen Ländern sind im Moment für das amtliche Geschlecht «weiblich» oder «männlich» die einzigen Optionen. Wenn auch die binäre Änderung des Geschlechtseintrages in der Schweiz ab 2022 massiv vereinfacht wurde, sind Geschlechtseinträge für non-binäre Menschen noch in weiter Ferne.

Es gibt noch viel zu tun. Alecs Recher äussert sich zu trans Menschen im Schweizer Recht wie folgt (Buch LGBT-Recht, 2015): «Das heutige positivierte Schweizer Recht pflegt keinen differenzierten Umgang mit Geschlechtsidentität im Allgemeinen und Transmenschen im Besonderen: Weder werden Realitäten ausserhalb der Geschlechter-Binarität reflektiert noch werden Transmenschen oder Geschlechtsidentität explizit genannt.»

Die wichtigen Punkte zu Recht und non-binäres Geschlecht

1​Amtliches Geschlecht wird basierend auf dem bei Geburt zugeschriebenen Geschlecht erfasst. In der Schweiz sind zurzeit nur die beiden Optionen «F» und «M» möglich.

2​Es ist unklar, warum der Staat überhaupt unser Geschlecht erfassen soll, denn erstens ist im Schweizer Recht Geschlecht gar nicht definiert und die Gründe für die Erfassung sind aus rechtlicher Sicht unklar.

3​Ab 2022 wurde die Änderung des (binären) Geschlechts in der Schweiz basierend auf einer Selbstdeklaration gemacht und stark vereinfacht – im Gegensatz zu den früheren teuren, aufwändigen und menschenrechtswidrigen Verfahren.

4​Es ist wichtig, dass es auch in der Schweiz nicht-binäre Geschlechtseinträge gibt, weil das Recht auf geschlechtliche Identität ein Menschenrecht ist und das nicht akzeptieren der Geschlechtsidentität – vor allem durch den Staat – ein zentraler Stressor für non-binäre Menschen ist, der potentiell krank macht.

5​Für nicht-binäre Geschlechtseinträge sind unterschiedliche Optionen denkbar: Geschlechtseintrag streichen, Geschlechtseintrag offen lassen und Geschlechtseintrag mit neuen Kategorien (eine, eine mit Zusätzen oder mehrere).

6​Es ist wichtig, dass die Einträge für alle non-binären Menschen – nicht nur für intergeschlechtliche non-binäre Menschen – zugänglich sind und sie nicht an Bedingungen (z.B. Bestätigungen von Fachpersonen) geknüpft werden.

7​In Deutschland gibt es zwei und in Österreich vier nicht-binäre Geschlechtseinträge. Auch in vielen anderen Ländern auf der ganzen Welt gibt es nicht-binäre Geschlechtseinträge.

8​In der Schweiz gibt es seit 2017 Postulate und aus 2020 einen Bericht der Nationalen Ethikkommission zum Thema. Das Obergericht Aargau hat 2021 verfügt, dass ein nicht-binärer Geschlechtseintrag aus Deutschland in der Schweiz anerkannt werden muss. Gegen dieses Urteil hat aber der Bund Beschwerde eingereicht. Der Fall ist zurzeit beim Bundesgericht hängig.

9​Es ist höchste Zeit, dass es auch in der Schweiz nicht-binäre Geschlechtseinträge für alle gibt. Wir bleiben dran!

Inhalt:

Hinweis: Wer weniger an diesen Hintergründen interessiert ist, sondern eher wissen möchte, was denn jetzt konkret zu tun ist, sollte mit diesem Text beginnen: Nicht-binäre Geschlechtseinträge in der Schweiz oder mit den Antworten auf häufige Fragen.

Geschlecht im Recht

Hier soll es erst einmal darum gehen, was amtliches Geschlecht ist, warum der Staat dieses überhaupt erfassen soll und wie die Situation in der Schweiz rund um die Änderung von (binären) Geschlechtseinträgen ist – vor allem auch in Hinblick auf das ab 2022 geltende vereinfachte Verfahren.

Amtliches Geschlecht

Das amtliche Geschlecht entsteht im Moment basierend auf dem bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht. Die Zuschreibung des Geschlechts geschieht dadurch, dass Fachpersonen bei der Geburt die äusseren «Geschlechtsorgane» des Kindes beurteilen (oft passiert eine Zuweisung bereits bei pränatalen Untersuchungen). Auf dieser Basis wird dann das zugeschriebene Geschlecht ins Personenstandsregister eingetragen und wird dadurch zum amtlichen Geschlecht. Im Moment gibt es in der Schweiz dafür nur die binären Optionen «F» oder «M».

Soll der Staat das Geschlecht erfassen?

Eine wichtige Grundsatzfrage in Zusammenhang mit dem amtlichen Geschlecht ist, warum erfasst der Staat das Geschlecht von Menschen überhaupt. Geiser schreibt im NZZ Artikel [nur mit Anmeldung] von 10.9.2015 dazu: «Es besteht kein vernünftiger Grund, warum eine Rechtsordnung zwischen Mann und Frau unterscheidet. Die wichtigen Unterscheidungskriterien sind andere, wie beispielsweise Schwangerschaft oder nicht Schwangerschaft.» Aber warum wird das dann trotzdem überall so gemacht? Der Hauptgrund dafür scheint zu sein «das haben wir immer schon so gemacht». Das wäre ja auch nicht der einzige Bereich, wo diese Logik angewandt wird. Die Absurdität wird aber noch offensichtlicher, wenn wir die Tatsache betrachten, dass «Geschlecht» auf der Ebene von Gesetzen in der Schweiz nicht definiert ist (siehe dazu Geiser im Artikel in der Schweizerische Juristen-Zeitung [nur mit Abo], 2019).

«Es besteht kein vernünftiger Grund, warum eine Rechtsordnung zwischen Mann und Frau unterscheidet.»

– Prof. Dr. Thomas Geiser

In der Zeitschrift für Interdisziplinäre Frauenforschung (Ausgabe 17, 2005) äussern sich Büchler & Cottier dazu wie folgt: «Die Abschaffung der rechtlichen Kategorie Geschlecht hätte insofern eine befreiende Wirkung, als Biologisierung, Ontologisierung und Essentialisierung der Differenz zwischen den Geschlechtern rechtlich keine Absicherung mehr finden würden. Rechtliche Schauplätze der Konstruktion und Reproduktion der Bipolarität der Geschlechter wären abgebaut.»

Wenn allgemein die amtliche Registrierung von Geschlecht für alle abgeschafft würde, hätte das für non-binäre Menschen die Vorteile, dass es keine Notwendigkeit für Änderungen von Geschlechtseinträgen mehr gibt und es nicht zu ungewollten Outings kommen kann. Denn solange es grundsätzlich noch Geschlechtseinträge gibt, bergen die «non-binären Ausprägungen» davon auch immer die Gefahr jemanden zu outen. Eine Annäherung an diese Lösung könnte sein, dass das Attribut «Geschlecht» grundsätzlich nicht mehr in Personalausweisen erscheint (wie es bei uns auch schon beim Führerausweis der Fall ist). Dies wird z.B. auch in den Niederlanden ab 2024 gemacht (Artikel Zeit, 4.7.2020). In Deutschland steht übrigens das Geschlecht schon jetzt gar nicht in Personalausweisen drin.

Als Argument gegen das Weglassen des Geschlechtseintrages wird manchmal angeführt, dass es dann nicht mehr möglich sein würde, gewisse Diskriminierungen zu erfassen und dagegen vorzugehen (z.B. Lohndiskriminierung). Hier stellt sich aber die Frage, wozu dafür die Variable Geschlecht aus amtlichen Dokumenten kommen muss und nicht einfach auf anderen Wegen erhoben werden kann. Dies wird bei Untersuchungen mit anderen Variablen – die nicht amtlich erfasst werden – auch so gemacht.

Änderung des amtlichen Geschlechts in der Schweiz

In der Schweiz gilt ab 2022 ein vereinfachtes Verfahren für die (binäre) Änderung des Geschlechtseintrages. Bis jetzt musste eine Änderung des Geschlechtseintrages in einem teuren und aufwändigen Verfahren gerichtlich eingeklagt werden. Nebst Gutachten von Fachpersonen wurde dazu oft auch eine geschlechtsangleichende Operation und ein Nachweis über die Aufhebung der Reproduktionsfähigkeit verlangt (eine klar menschenrechtswidrige Bedingung). In 2017 hat dann aber der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) diese Bedingung für ungültig erklärt und die Schweizer Gerichte mussten ihre Praxis anpassen (Artikel humanrights.ch, 25.4.2017). Die Frage ist nur, ob der Schweizer Staat für diesen Missbrauch seines Gewaltmonopols auch einmal noch – wenigstens symbolisch – Verantwortung übernimmt, wie das z.B. in den Niederlanden gerade passiert (Artikel Queer.de, 3.12.2020).

Seit 1.1.2022 gilt das schweizweit vereinheitlichte und stark vereinfachte Verfahren für die (binäre) Änderung des Geschlechtseintrages. Personen können dabei einfach beim Zivilstandsamt eine Erklärung abgeben (ohne Bestätigungen von Fachpersonen) und für eine Gebühr wird der Eintrag dann sofort geändert. Gleichzeitig kann auch die Änderung des Vornamens gemacht werden. Im Jahr 2022 haben in der Schweiz 1’171 Personen ihr amtliches Geschlecht geändert (Mannschaft, 20.3.2023).

Möchte eine Person nur eine Namensänderung machen (ohne Änderung des Geschlechtseintrages), dann ist dieses Verfahren weiterhin kantonal unterschiedlich geregelt, teurer, zeitaufwändiger und es wird dafür oft ein Schreiben einer medizinischen Fachperson verlangt. Es ist absurd, dass eine Namensänderung ohne Änderung des Geschlechtseintrages so viel aufwändiger ist und von dieser diskriminierenden Behandlung sind vor allem non-binäre Menschen betroffen. Denn viele von ihnen streben keine binäre Änderung des Geschlechtseintrages an, da sie die beiden Optionen gleichfalls als nicht stimmig empfinden.

Beiträge dazu:

Non-binäres Geschlecht im Recht

Um die Thematik non-binären Geschlechts im Recht diskutieren zu können, soll zuerst darauf eingegangen werden, was die Dringlichkeit dieser Thematik ausmacht. Dann wollen wir anschauen, was es für verschiedene Möglichkeiten der konkreten Umsetzung geben würde – mit jeweiligen Vor- und Nachteilen. Weiter ist aber auch wichtig für wen diese Geschlechtseinträge zugänglich sein werden. Da Einträge in Reisepässen international geregelt sind, ist wichtig, dass wir die hier geltenden Bestimmungen kennen.

Warum sind non-binäre Geschlechtseinträge wichtig?

Die Anerkennung unserer Geschlechtsidentität ist ein Menschenrecht. Dazu schreiben Büchler & Cottier (Zeitschrift für Interdisziplinäre Frauenforschung, Ausgabe 17, 2005): «Laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ergibt sich aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK), insbesondere des Verfügungsrechts über den eigenen Körper, das Recht auf geschlechtliche Identität. Bis heute wird dieses Recht noch verstanden als Recht, zu einer der beiden rechtlich vorgesehenen Geschlechtskategorien zu gehören. Diese Beschränkung genügt jedoch nicht. Eine echte Geschlechtsfreiheit muss auch das Recht beinhalten, sich jenseits der Zweigeschlechterordnung zu verorten.»

Im Moment sagt der Schweizer Staat zu non-binären Menschen aber explizit: «Ihr existiert für uns nicht». Damit bleiben nicht-binäre Geschlechtsidentitäten als wichtiger Teil der Persönlichkeit ungeschützt. Dies hat aber direkte negative Auswirkungen auf die Lebensqualität von non-binären Menschen.

Gemäss verschiedener Studien haben non-binäre Personen im Schnitt eine schlechtere psychische Gesundheit – im Vergleich zu binär identifizierten trans Personen (siehe z.B. Artikel in Current Sexual Health Reports von Matsuno et. al, 2017). Zu solchen Ergebnissen kommt auch die Schweizer Studie aus 2018 (Artikel in BioMed Research International von Jäggi et. al, 2018). Gemäss dem in der Schweizer Studie verwendeten «Gender minority stress model» ist das nicht akzeptieren der Geschlechtsidentität von anderen ein zentraler Stressor. Wenn nun also der Staat die non-binären Identitäten nicht akzeptiert und dadurch auch gewisse seiner Bürger*innen darin bestärkt dies nicht zu tun, dann sind die massiven negativen Auswirkungen offensichtlich. Mehr zu Lebensrealitäten non-binärer Menschen

Wenn die Schweiz nicht bereit ist, die amtliche Erfassung von Geschlecht ganz abzuschaffen – was nicht nur aus der Sicht vieler non-binären Menschen die beste Lösung wäre (siehe auch TGNS Umfrage – unten) – dann wird es höchste Zeit, dass sich der Schweizer Staat seiner Verantwortung bewusst wird und Menschen mit non-binären Geschlechtern offiziell anerkennt.

In einer repräsentativen Schweizer Umfrage sind 53% dafür, dass es nicht-binäre Geschlechtseinträge geben soll (Sotomo, 2021).

Wie könnten die Geschlechtseinträge aussehen?

Ein wichtiger Aspekt in Bezug auf non-binäre Geschlechter in amtlichen Einträgen und Ausweisen ist die Frage, wie die Einträge konkret umgesetzt werden sollen. Wie sollen die non-binären Geschlechter heissen? Diese Frage wird auch im Bericht der Nationalen Ethikkommission diskutiert (siehe unten) und auf diesen Überlegungen soll hier aufgebaut werden.

Für die Umsetzung gibt es drei grundlegende Strategien:

  1. Geschlechtseintrag streichen (d.h. das Attribut «Geschlecht» fällt weg)
  2. Geschlechtseintrag offen lassen (d.h. «Geschlecht» enthält einen leeren Wert)
  3. Neue Kategorien (d.h. Bezeichnungen wie z.B. «divers»).

Diese Optionen können auch parallel bestehen und haben verschiedene Vor- und Nachteile. So kann z.B. eine eigene Kategorie die Selbstbestimmung gewährleisten aber gleichzeitig auch die Gefahr von ungewolltem Outing bergen. Aus diesem Grund ist es wünschenswert, dass verschiedene Optionen zur Verfügung stehen – solange die Registrierung von Geschlecht noch praktiziert wird.

Geschlechtseintrag streichen

Wie oben erläutert, hätte die grundlegende Nichterfassung von Geschlecht durch den Staat für non-binäre Menschen einige Vorteile (Änderung von Geschlechtseinträgen sind nicht mehr nötig und kein ungewolltes Outing ist möglich). Aber auch wenn non-binäre Personen nur individuell die Streichung verlangen könnten, hätte das ähnliche Vorteile. Im Gegensatz zu den anderen Lösungen hätte diese das kleinste «Outing-Risiko» – wenn es in dem Fall auch nicht ganz null ist. Auf der anderen Seite ist durch die Streichung das non-binäre Geschlecht aber auch nicht sichtbar und kann dadurch auch nicht stärkend wirken.

Geschlechtseintrag offen lassen

Nebst Option für non-binäre Menschen könnte das Offenlassen des Geschlechtseintrages auch zur allgemeinen Praxis bei der Zuschreibung von Geschlecht bei Geburt werden. Das würde bedeuten, dass bei Geburt kein Geschlecht registriert wird, die Erziehungsberechtigten können sich aber für die Registrierung eines Geschlechts entscheiden (siehe auch NEK, 2020 unten).

Wenn es nur eine Option für mündige non-binäre Kinder oder Erwachsene ist, dann könnte es analog funktionieren wie das Austreten aus der Kirche (danke an Urs Vanessa Sager für die Metapher). Wenn Kinder mit 16 mündig sind in religiösen Angelegenheiten, dann müssten sie auch spätestens dann mündig in geschlechtlichen Angelegenheiten sein und aus dem zugeschriebenen Geschlecht austreten können – nicht nur konvertieren.

Das Offenlassen des Geschlechtseintrags hat zwar nicht das gleiche Risiko für ein explizites Outing, wie es bei den «neuen Kategorien» passieren kann. Aber grundsätzlich hat es schon auch dieses Potential. Gleich wie das Streichen des Eintrags bietet es auch keine Möglichkeit, in einem positiven Sinne das eigene Geschlecht auszudrücken. Dies war auch Gegenstand der «dritte Option Klage» in Deutschland (siehe unten).

Geschlechtseintrag durch neue Kategorien

Bei einer Umsetzung mit neuen Kategorien sind verschiedene Umsetzungen denkbar (NEK, 2020 – siehe unten):

  1. Schaffung nur einer neuen Kategorie
  2. Schaffung nur einer neuen Kategorie mit einem oder mehreren Zusätzen
  3. Schaffung mehrerer neuer Kategorien
  4. Schaffung nur einer neuen Kategorie nur für Identifikationszwecke

Dabei ist aber die vierte Umsetzung (für Identifikationszwecke) nicht wirklich ein echter non-binärer Eintrag. Denn da wäre der non-binäre Eintrag nur in gewissen Dokumenten (z.B. ID) vermerkt. Aber im Hintergrund würde immer noch ein binäres Geschlecht eingetragen. Dies wäre nicht eine Anerkennung von non-binärem Geschlecht durch den Staat, es würde aber dennoch Vorteile für non-binäre Menschen mit sich bringen.

Bei all diesen Umsetzungen wäre eine zentrale Herausforderung, zu entscheiden, welche Begriffe für die Kategorie(en) verwendet werden sollen. Eine wichtige Grundsatzfrage in diesem Zusammenhang ist, ob bei der Entscheidungsfindung die non-binäre Community auch wirklich aktiv einbezogen wird oder ob die Begriffe «von oben herab» bestimmt werden. TGNS hat 2019 auch bereits in der Community eine Umfrage (siehe unten) zu genau dieser Frage gemacht und dort hat z.B. das «X» am besten abgeschnitten. Diese Lösung hätte auch den Vorteil, dass sie mit den Bestimmungen der Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) zusammenfällt, die für Reisepässe im Moment keine andere Option als das «X» zulässt.

Die Umsetzung mit einem oder mehreren Zusätzen wäre sicher die flexibelste. Auch hier bleibt die Frage zu beantworten, wie dann die «Hauptkategorie» heissen sollte. Aber generell würde diese Umsetzung am meisten Selbstbestimmung bringen – vor allem wenn bei den Zusätzen ein, mehrere oder auch keine Labels enthalten sein können.

Formular mit Radiobuttons: Weiblich, Männlich, Weiteres (mit Text Eingabefeld), keine Angabe
Formular für die Abfrage von «Geschlecht» (Identität/Definition)

Dies wäre auch ähnlich zu den Best Practices für Formulare zur Abfrage von Geschlecht, wie sie z.B. auf Social Media Plattformen zum Einsatz kommen – in Fällen wo es wirklich um die Geschlechtsidentität oder -definition geht und nicht nur um die Anrede (mehr zu Formularen).

Für wen ist der Eintrag zugänglich?

In vielen Ländern sind die nicht-binären Geschlechtseinträge nur für intergeschlechtliche Menschen zugänglich. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass entsprechende Klagen von intergeschlechtlichen non-binären Personen eingereicht und gewonnen wurden (so z.B. in Deutschland und Österreich – siehe unten). Das Problem hierbei ist aber, dass sich ein Grossteil der intergeschlechtlichen Menschen als binär weiblich oder männlich identifiziert und ein Grossteil der non-binären Menschen ist endogeschlechtlich (nicht intergeschlechtlich) bzw. die meisten non-binären Menschen nicht wissen, ob sie inter- oder endogeschlechtlich sind, da es bisher keinen Grund gab, dies abzuklären. Somit sind diese nicht-binären Geschlechtseinträge nur für einen ganz kleinen Teil der non-binären Menschen frei zugänglich (die Schnittmenge in der Abbildung unten).

Intergeschlechtlichkeit und non-binäres Geschlecht

Diese Situation ist aber nicht nur ein Problem für die ausgeschlossenen non-binären endogeschlechtlichen Menschen aus der Trans Community. Sie kann sich auch negativ auf die intergeschlechtliche Community auswirken. Da in der Berichterstattung in Zusammenhang mit dem «Dritten Geschlecht» (z.B. in Deutschland) oft eher auf die Intergeschlechtlichkeit der Person (körperliche Dimension) Bezug genommen wurde und nicht auf die non-binäre Geschlechtsidentität (psychologische Dimension), ist der Eindruck entstanden, dass der non-binäre Geschlechtseintrag ein zentrales Anliegen intergeschlechtlicher Menschen sei. Dies ist aber nicht der Fall. Allein schon deswegen, weil eine überwiegende Mehrheit von Menschen mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale (Synonym von Intergeschlechtlichkeit) nicht mal die Möglichkeit hat, sich als intergeschlechtlich zu denken oder dies bewusst nicht möchte. Das Thema ist zentral für die Community von non-binären Menschen – ob intergeschlechtlich oder endogeschlechtlich.

Die meisten Organisationen für intergeschlechtliche Menschen (z.B. InterAction Schweiz und zwischengeschlecht.org) sind sich einig, dass das wichtigste Thema das ausdrückliche, strafrechtliche Verbot der uneingewilligten, irreversiblen, unverhältnismässigen, geschlechtsverändernden Eingriffe ist – menschenrechtswidrige, medizinisch nicht notwendige Operationen, die leider auch in der Schweiz heute immer noch durchgeführt werden. Dieser Meinung ist auch die Nationale Ethikkommission (siehe unten).

Damit diese Probleme für die beiden Communities nicht auch in der Schweiz reproduziert werden, ist es wichtig, dass die Dimensionen körperliche Geschlechtsmerkmale und Geschlechtsidentität klar auseinandergehalten werden (siehe auch Grundlagen von Geschlecht).

Hier sei nochmals explizit betont: Die Einführung von non-binären Geschlechtseinträgen ist keine Massnahme, um das Problem der uneingewilligten, geschlechtsverändernden Eingriffen zu beeinflussen. Dies kann nur ein Verbot dieser menschenrechtswidrigen Praxis leisten, wie es z.B. in Malta oder im Ansatz in Deutschland eingeführt wurde.

Der Geschlechtseintrag soll aber nicht nur für endogeschlechtliche, sondern auch für intergeschlechtliche Menschen offen sein – aber primär auf der Basis ihrer non-binären Geschlechtsidentität und nicht ihrer Intergeschlechtlichkeit oder Variation der Geschlechtsmerkmale. Dabei wäre aber auch die intergeschlechtliche Community bzw. non-binäre intergeschlechtliche Menschen einzubeziehen, ob es z.B. ein Eintrag «Inter», «Intergeschlechtlich» etc. geben sollte, wie dies auch in Österreich zur Verfügung steht (siehe unten). Vor allem aber darf ein nicht-binärer Geschlechtseintrag nicht an medizinische Diagnosen geknüpft werden, weder für intergeschlechtliche noch für trans Menschen; er soll allen Menschen allein aufgrund ihres Rechts auf Geschlechtsidentität offentstehen.

Non-binäres Geschlecht in Reisepässen

Für die internationale Standardisierung von Reisedokumenten ist die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) zuständig. Für den Eintrag von non-binären Geschlechtern in Reisepässen ist der Eintrag «X» (nicht spezifiziertes Geschlecht) vorgesehen (Wikipedia Eintrag: Divers).

Die Situation in anderen Ländern

Hier soll primär auf unsere deutschsprachigen Nachbarländer eingegangen werden, weil diese beide bereits nicht-binäre Geschlechtseinträge haben und es da wohl für die Schweiz einiges zu lernen gibt. Zu anderen Ländern gibt es nur einen groben Überblick.

Deutschland

In Deutschland gibt es zwar inzwischen nicht-binäre Geschlechtseinträge, aber die Meinungen gehen immer noch auseinander für welche Personenkreise diese zugänglich sein sollen. Deshalb gibt es da auch immer wieder Gerichtsverfahren. Zu den offiziellen Geschlechtseinträgen gibt es in Deutschland auch noch den sogenannten «Ergänzungsausweis» der dgti.

Nicht-binäre Geschlechtseinträge in Deutschland

In Deutschland gibt es zwei mögliche nicht-binäre Geschlechtseinträge:

  • offen
  • divers

Nachdem es in Deutschland schon länger möglich war, für intergeschlechtliche Kinder den Geschlechtseintrag offen zu lassen, wurde auf einen «positiven Geschlechtseintrag» geklagt (siehe dritte Option: Juristisches / der Klageweg). So kam 2018 die Möglichkeit hinzu «divers» eintragen zu lassen.

Diese Option soll gemäss dem Gesetz nur für Menschen mit «Variante der Geschlechtsentwicklung» gelten. Dabei gehen die Meinungen auseinander, was das in diesem Zusammenhang genau bedeutet. Ein Rechtsgutachten hält fest (Gutachten [PDF], 2019): «Auch Transgeschlechtlichkeit und nicht-binäre Geschlechtsidentität sind von dem Begriff ‹Varianten der Geschlechtsentwicklung› umfasst.» Weiter äussert sich das Gutachten zur Attestierung der Variante der Geschlechtsentwicklung durch ärztliches Personal: «Angesichts des verfassungsrechtlich gebotenen weiten Verständnisses von ‹Varianten der Geschlechtsentwicklung› sind keine lebensnahen Konstellationen denkbar, in denen ärztliches Personal Strafbarkeit zu befürchten hat. … Nicht strafbar sind bei der gebotenen verfassungsrechtlichen Interpretation insbesondere die Attestierung einer ‹Variante der Geschlechtsentwicklung› im Falle von Transgeschlechtlichkeit und nicht‐binärer Geschlechtsidentität.»

Zu dem Thema gibt es noch weitere Klagen und Gerichtsverfahren (siehe weiter unten).

Mehr Informationen zur Situation in Deutschland:

Klagen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit non-binärem Geschlecht

Ergänzungsausweis der dgti

Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) bietet den sogenannten «Ergänzungsausweis» an. Dieser Ausweis ist zwar nicht amtlich, dient aber dazu – in Verbindung mit einem amtlichen Ausweis – eine eindeutige Zuordnung einer Person zu machen. Bei der Bestellung des Ausweises können nebst Wunsch-Vornamen auch Geschlecht (binär oder non-binär) und Pronomen frei angegeben werden. Bei der Auswahl von non-binärem Geschlecht kann diese noch weiter spezifiziert werden oder auch leer bleiben.

Informationen zum Ergänzungsausweis auf der dgti-Website

Österreich

In Österreich gibt es inzwischen sehr viele Optionen für nicht-binäre Geschlechtseinträge, aber diese sind zurzeit nur für intergeschlechtliche Menschen zugänglich. Aus diesem Grund ist auch eine Klage am laufen, die das ändern soll.

Nicht-binäre Geschlechtseinträge in Österreich

Im Moment gibt es in Österreich vier mögliche nicht-binäre Geschlechtseinträge:

  • divers
  • inter
  • offen
  • Streichung des Eintrags

Diese Einträge sind aber zurzeit nur zugänglich für intergeschlechtliche Menschen («Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung»). Dazu muss auch gegenüber dem Standesamt das Vorliegen einer Variante der Geschlechtsentwicklung entweder (a) durch das zuständige medizinische Personal (Ärzt*in, Hebamme) bei der Geburt festgestellt oder (b) später im Leben durch ein Fachgutachten bzw. «bereits vorhandene Unterlagen» nachgewiesen werden. (Quelle: VIMÖ)

Mehr Informationen zur Situation in Österreich:

Beiträge dazu:

Genderklage von Venib

Der Verein Venib (Verein Nicht-Binär) hat eine Kampagne gestartet für eine Klage:

Ziel der Klage: Zunächst durch einen individuellen Antrag auf Streichung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister. Dieser wird in weiterer Folge zu einem Verfahren führen, dessen Ergebnis – gesetztenfalls es wird gewonnen – den Weg auch für andere eröffnen würde. Aufbauend auf die Vorarbeit, die hier schon geleistet wurde, sind wir optimistisch und rechnen jedenfalls grundsätzlich mit einem Erfolg. Danach möchte die Kläger*in in einem zweiten Schritt gegen das ‚X‘ im Ausweis vorgehen.

Website: genderklage.at

Weitere Länder

Nebst Deutschland und Österreich (siehe oben) haben heute auch die folgenden Länder non-binäre Geschlechtseinträge (Quelle: Wikipedia: Legal recognition of non-binary gender): Argentinien, Australien, Belgien, Kanada, Dänemark, Island, Indien, Niederlande, Nepal, Neuseeland, Pakistan, Taiwan, Thailand, United Kingdom, USA und Uruguay.

Beiträge dazu:

Die Situation in der Schweiz

Hier gibt es einen Überblick darüber was in der Schweiz bisher passiert ist rund um das Thema Recht und non-binäres Geschlecht: Postulate, TGNS Umfrage, NEK Bericht, Gerichtsverfahren Aargau etc.

Wichtige Stationen auf dem Weg zur rechtlichen Anerkennung von non-binärem Geschlecht

Auch in der Schweiz sind die Bemühungen um eine offizielle Anerkennung non-binären Geschlechts schon sehr lange und auf unterschiedlichsten Ebenen im Gange. Aber in unserer patriarchalen Gesellschaft scheinen da ja vor allem die Gegebenheiten in staatlichen Institutionen und dann vielleicht noch in NGOs eine Rolle zu spielen. In diesem Sinne – als Framing von «wichtig» – also hier ein Überblick:

2017 und 2018: Postulate

In den Jahren 2017 und 2018 wurden verschiedene Postulate eingereicht:

Beiträge zum Thema:

2019: Umfrage TGNS zu nicht-binärem Geschlechtseintrag

Bei einer Umfrage von Transgender Network Switzerland (TGNS) haben über 200 Personen geantwortet. Die wichtigsten Ergebnisse sind:

  • Gut drei Viertel der Teilnehmer_innen würden grundsätzlich einen nicht binären Geschlechtseintrag beantragen, wenn es einen solchen gäbe.
  • Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer_innen geben an, dass sie am liebsten keinen Geschlechtseintrag hätten. Auch auf die Frage, wie ihr Geschlechtseintrag heissen würde, wenn sie ganz frei entscheiden könnten, ist die häufigste Antwort die Ablehnung eines amtlich registrierten Geschlechts.
  • Gefragt nach ihrem bevorzugten Geschlechtseintrag nennen die Teilnehmer_innen insgesamt 14 grundsätzlich verschiedene Präferenzen.
  • Nur 4 Prozent der Teilnehmer_innen würden auf einen neuen, nicht binären Geschlechtseintrag verzichten, weil sie nicht über ihre Papiere geoutet werden möchten.
  • Von fünf vorgeschlagenen nicht binären Geschlechtsmarkern wird «X» als am besten und «unbestimmt» als am unpassendsten bewertet.

TGNS Umfrage zu nicht-binärem Geschlechtseintrag:
Newsbeitrag Am liebsten nichts oder X (29.11.2019) | Ausführlicher Bericht [PDF]

2020: Bericht der Nationalen Ethikkommission (NEK)

Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE) verfasst per 5. Oktober 2020 die Stellungnahme «Die amtliche Registrierung des Geschlechts – Ethische Erwägung zum Umgang mit dem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister» welcher 2019 vom Bundesamt für Justiz in Auftrag gegeben wurde. Im Bericht werden auf verschiedene Fragen hinsichtlich alternativer Ausgestaltungsmöglichkeiten der Registrierung des amtlichen Geschlechts eingegangen.

Der Bericht beschreibt den Kontext, den rechtlichen sowie politischen Rahmen, ethische Erwägungen und beurteilt auf dieser Basis die Optionen (siehe auch oben) sowie deren Konsequenzen:

  • Verzicht auf jegliche Registrierung des amtlichen Geschlechts bei der Geburt sowie nach der Geburt (a posteriori)
  • Allgemeine Abschaffung jeglicher amtlichen Registrierung des Geschlechts
  • Einführung neuer Geschlechtskategorien

In den Empfehlungen hält die Kommission fest, dass die heutige Art der amtlichen Registrierung von Geschlecht unbefriedigend ist.

«Die Kommission kommt zum Schluss, dass jede der diskutierten Möglichkeiten der aktuellen Regelung vorzuziehen ist: Sie alle bringen eine verbesserte Anerkennung der Vielfalt von Geschlechtsidentitäten zum Ausdruck und stärken die Rechte der Betroffenen, ohne die Rechte jener unzulässig einzuschränken, die sich mit der binären Geschlechterordnung identifizieren.»

– Nationale Ethikkommission, 2020

Es wird festgehalten, dass der gänzliche Verzicht auf die amtliche Registrierung des Geschlechts zwar viele gesellschaftliche Herausforderungen mit sich bringen würde, aber auf der anderen Seite auch die aus ethischer Sicht zu bevorzugen wäre.

Für die Umsetzung empfiehlt die Kommission ein mehrstufiges Vorgehen: In einem ersten Schritt sollen dabei die gesetzlichen Grundlagen für eine dritte Eintragungsmöglichkeit – in einer der oben beschriebenen Ausprägungen – geschaffen werden und damit sollen möglichst viele unterschiedliche Geschlechtsidentitäten inkludiert werden können. Gleichzeitig soll aber ein Prozess angestossen werden, der die allgemeine Abschaffung des Geschlechtseintrags untersucht.

Die neuen Einträge oder das Offenlassen sollen nicht von medizinischen Voraussetzungen abhängig gemacht werden. [Anmerkung: Dies ist auch für das ab 2022 geltende Verfahren für die Änderung des binären Geschlechtseintrages der Fall (siehe oben).] Weiter weist der Bericht auch darauf hin, dass medizinisch nicht gerechtfertigte Operationen an urteilsunfähigen intergeschlechtlichen Kindern zu verbieten sind.

Es wird auch darauf hingewiesen, dass der Geschlechtseintrag nur ein Element ist, um Diskriminierungen entgegenzuwirken. Deshalb sollten auch in anderen Bereichen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden z.B. auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungsbereich, in öffentlichen Räumen und bei Dienstleistungen.

Der Teil des Berichtes, der einen schalen Beigeschmack zurücklässt, ist die Art der Besprechung des Eintrags «X» – welcher aber in einer Umfrage von TGNS (die im Bericht auch nur in einer Fussnote erwähnt ist) am besten abgeschnitten hat (siehe oben). Der Grad wie weit die Community gleichberechtigt in den Prozess eingebunden wird oder eben nicht, kann als Massstab dienen, wie weit wir in einer fairen Gesellschaft leben – nach dem Prinzip «nichts über uns ohne uns». Wir wollen mehr als eine Fussnote sein.

Bericht (Stellungnahme) der Nationalen Ethikkommission:
Der Bericht ist als PDF zu finden im News-Eintrag (8.12.2020) der NEK

Beiträge dazu:

2021: Gerichtsentscheid des Aargauer Obergerichts & Beschwerde des Bundesamtes für Justiz

Eine Person möchte, dass der in Deutschland gestrichene Geschlechtseintrag im Kanton Aargau übernommen wird. Dies wird aber von den Aargauer Behörden abgelehnt, worauf sich die betroffene Person mit der Unterstützung von TGNS am Aargauer Obergericht wehrt und recht bekommt: Der Kanton muss einen im Ausland gestrichenen Geschlechtseintrag anerkennen.

Nicht binäre Geschlechtsidentitäten seien bereits gesellschaftliche Realität und die binäre Geschlechterordnung gelte auch hierzulande langsam aber sicher als überholt.

– Aus dem Urteil des Obergerichts Aargau vom 29.3.2021

Aber gegen das Urteil des Obergerichts Aargau hat das Bundesamt für Justiz beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht (Quelle: TGNS Newsletter Mai 2021) und im Moment ist der Fall beim Bundesgericht hängig [Update 8.6.2023: das Bundesgericht entscheidet negativ – siehe unten]

Mit einem Crowdfunding (siehe unten) sammelt TGNS nun Geld für die bereits angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten, sowie um den Fall – bei einem negativen Entscheid des Bundesgerichts – an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterziehen zu können.

Beiträge zum Thema:

2021: TGNS-Crowdfunding

Am 5. November 2021 hat das TGNS-Crowdfunding zur Anerkennung nicht binärer Menschen gestartet (Informationen dazu bei TGNS).

Screenshot von Crowdify

Das Ziel des Crowdfundings war es 45’000.– Franken zu sammeln für die Begleitung des Präzedenzfalls durch TGNS, der vom Aargauer Obergericht ans Bundesgericht weitergezogen wurde (siehe oben).

Das Crowdfunding auf Crowdify lief vom 5.11.2021 bis zum 19.12.2021 und wurde erfolgreich abgeschlossen.

Beiträge dazu:

2022: Bericht des Bundesrates zur nicht-Anerkennung non-binärer Menschen

Am 21.12.2022 publiziert der Bundesrat als Antwort auf die zwei oben erwähnten Postulate aus 2017 einen Bericht: «Einführung eines dritten Geschlechts oder Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister – Voraussetzungen und Auswirkungen auf die Rechtsordnung». Im Bericht äussert sich der Bundesrat negativ gegenüber nicht-binären Geschlechtseinträgen. Unsere Gesellschaft sei noch nicht bereit.

«Die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder für einen generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister sind derzeit nicht gegeben. Eine Änderung des binären Geschlechtermodells wäre ausserdem mit zahlreichen Anpassungen der Verfassung und der Gesetze von Bund und Kantonen verbunden.»

(Medienmitteilung Bundesrat, 21.12.2022)

Bericht des Bundesrates:
Der Bericht ist als PDF zu finden in der Medienmitteilung vom 21.12.2022

Beiträge dazu:

2023: Postulat «Verbesserung der Situation von nicht binären Personen»

Die Rechtskommission des Nationalrates hört verschiedene Expert*innen an (u.a. TGNS und Ekivock) was die Lebensrealitäten von non-binären Menschen in der Schweiz ist und was die Politik machen könnte, um unsere Situation zu verbessern. Ergebnis dieser Anhörung ist ein Kommissionpostulat: «Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht dazulegen, mit welchen Massnahmen die Situation von nicht binären Personen verbessert werden könnte, ohne dass dafür das binäre Geschlechtermodell rechtlich aufgegeben werden muss.»

Postulat:
Verbesserung der Situation von nicht binären Personen vom 28.4.2023

Beiträge dazu:

2023: Bundesgericht entscheidet, dass die Schweiz einen im Ausland gestrichenen Geschlechtseintrag nicht anerkennt

Im Jahr 2021 hat das Aargauer Obergericht entschieden, dass der in Deutschland gestrichene Geschlechtseintrag einer Person im Kanton Aargau übernommen werden muss (siehe oben). Dieser Fall wurde ans Bundesgericht weitergezogen und das Bundesgericht hat nun am 8.6.2023 entschieden, dass das abgelehnt wird. Das sei kein Grundsatzentscheid über ein binäres Geschlechtersystem. Aber es müssten zuerst Gesetze geändert werden.

Es wurde entschieden, diesen Fall nicht an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterzuziehen (Quelle: Podcast «Artikel Sieben», 29.12.2023).

Medienmitteilung des Bundesgerichtes vom 8.6.2023:
Urteil vom 8. Juni 2023 (5A_391/2021): Streichung der Geschlechtsangabe nach deutschem Recht – Keine Anerkennung in der Schweiz [PDF]

Beiträge dazu:

Wie kommen wir in der Schweiz dazu, dass nicht-binäre Geschlechtseinträge für alle zugänglich werden?

Auch wenn sich das Bundesgericht im obgenannten Verfahren dafür ausspricht, dass nicht-binäre Geschlechtseinträge aus dem Ausland in der Schweiz anerkannt werden müssen, haben ein Grossteil der non-binären Menschen immer noch keinen Zugang zu diesen Geschlechtseinträgen. Deshalb muss die Sensibilisierung für dieses Thema in jedem Fall weiter gehen.

Im Text Nicht-binäre Geschlechtseinträge in der Schweiz gibt es ein paar Hinweise zur Frage «Was kann ich tun?» und auch bei Aktivismus.

Weitere Quellen zu Recht und non-binäres Geschlecht


Text von: Evianne Hübscher
Erste Veröffentlichung: 30.11.2016 | Letztes Update: 14.3.2024
Vielen Dank für die wertvollen Feedbacks von den vielen Menschen, die alle nicht genannt werden wollen.